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Die Astronomie-Seite für Sternfreunde (Synonyme: Genauigkeit astronomische parallaktische Montierung)

Aktuell Testberichte

finden Sie in den gängigen Fachzeitschriften.

Die transportable Montierung 900 GTO von Astro Physics

(erschien in leicht abgewandelter Form in SuW)

Die Fa. Astro Physic, bekannt durch ihre apochromatischen Refraktoren baut seit einigen Jahren auch parallaktische Montierungen. Da in Fachzeitschriften bis heute wenig [1] über diese Montierungen zu lesen war, soll dieser Erfahrungsbericht hier eine Lücke schließen. Seit ca. einem Jahr habe ich eine 900 GTO Montierung von Astro Physics. Genügend Zeit um Erfahrungen zu sammeln, die ich jetzt an andere Sternfreunde weitergeben möchte. Beschreibung der Montierung: Die 900 GTO ist eine deutsche parallaktische Montierung. Das Achsenkreuz wiegt 22 kg. Der 7 kg schwere Deklinationsblock läßt sich zum Transport mit 2 Schrauben (ähnlich einer Schwalbenschwanz-Klemmung) von der RA-Achse entfernen. Die Achsgehäuse bestehen aus Aluminium. Sämtliche Teile sind entweder Dreh- oder Frästeile. Es findet kein Guss Verwendung. Die RA-, DE- und Gegengewichts-Achse sind aus Edelstahl. Ebenso sämtliche Schrauben. Die Rektaszensions-Achse hat einen Durchmesser von 56 mm, die Deklinations-Achse einen von 44 mm. Die RA-Achse ist durchbohrt für die Aufnahme eines Polsuchers. Im Gegensatz zu der klassisch gefertigten deutschen Montierung verfügt die 900 GTO zusätzlich über große Axialdrucklager. In Rektaszension hat dieses einen Durchmesser von 17,8 cm und in Deklination einen von 15,2 cm. Diese ist auch deutlich in der Abb. 1 zu sehen.

Beide Achsen werden mit Schneckenrädern aus Aluminium angetrieben. Die Zähnezahl beträgt in beiden Achsen 225. Das RA-Schneckenrad hat einen Durchmesser von 18,2 cm, das in DE einen von 15,2 cm. Die Schnecken sind aus Messing gefertigt. Die Klemmung erfolgt sowohl in RA als auch in DE über 4 Druckschrauben. Die Klemmung kann von ganz leicht bis starr (mit Imbusschlüssel) beliebig eingestellt werden. Der Antrieb der beiden Achsen erfolgt mit Servo-Gleichstrommotoren. Dies ist ein Gleichstrommotor, an dem direkt auf der Motorwelle ein Tachogenerator angeflanscht ist, welcher die Ist-Drehzahl und Drehrichtung misst und an die Steuerung weiterleitet. Es handelt sich hier also um keine simple Steuerung, sondern um einen echten Regelkreis. Für den Aufbau der Montierung und der Säule ist kein Werkzeug notwendig. Abb. 2 zeigt alle Einzelteile der Montierung im zerlegten Zustand. Die Elektronik ist quasi Huckepack auf dem RA-Block montiert. Dort sind auch alle notwendigen elektrischen Anschlüsse herausgeführt (Stromanschluß 12 V DC, Anschluß Handsteuerbox, Anschluß DE-Motor, 2 serielle Schnittstellen, Anschluß für Fadenkreuzbeleuchtung und Fokussiermotor). Im Betriebsmodus verfügt die Steuerung über folgende Features:

• Geschwindigkeit Sonne, Mond und Sterne.
• Feinbewegung des Fernrohres mittels den 4 Richtungstasten. 7 Geschwindigkeitsstufen : 0,25x, 0,5x, 1x, 12x, 64x, 600x,1200x.
• Automatisches Schwenken des Fernrohres mit den Geschwindigkeiten 600x, 900x oder 1200x.
• Objektwahl aus verschiedenen Katalogen NGC, IC, Messier, ADS-Doppelsterne, 200 helle Sterne zum Kalibrieren, Planeten, Sonne und Mond.
• Direkte Eingabe von RA und DE.
• Timerfunktion.
• PEC-Funktion.
• Getriebespielausgleich in RA und DE
• Einstellung der roten Display-Helligkeit in 2 Stufen
• Vertauschen der Richtungstasten um die Bewegung des Sterns an das verwendete Zubehör anzupassen (Zenitprisma...)
• Routinen um das Einnorden der Montierung zu erleichtern: 2-Stern-Kalibrierung, Kalibrierung mittels Polarstern und Simulation der Scheinermethode
• Steuerung eines Fokussiermotors und Einstellung der Helligkeit eines bel. Fadenkreuzokulars.
• Programmierung einer Sicherheitszone in welche das Fernrohr nicht fahren darf

(damit kann erreicht werden, daß z.B. mit einem Okularrevolver das Fernrohr nicht an die Säule stößt). Zum Lieferumfang der Montierung gehört auch die Software DigitalSkyVoice . Mit dieser Software kann die Montierung von einem PC aus mit der Maus oder per Sprache über ein Mikrofon ferngesteuert werden. Da die Montierung über 2 serielle Schnittstellen verfügt, kann diese Software parallel mit der Software The Sky o.ä. verwendet werden. Die Montierung läßt sich mit jeder Software fernsteuern, die das Meade LX200-Protokoll verwendet. Die Software DigitalSkyVoice verfügt über folgenden Funktionen: Kompletter Ersatz der Handsteuerbox (Funktionsumfang wie oben beschrieben). Genaue Berechnung der Refraktion durch Eingabe von Temperatur und Luftdruck, Anfahren von Objekten aus verschiedenen Katalogen (umfangreicher als in der Handbox). Anfahren variabler Sterne, Information welche Sternbilder sichtbar sind. Cool Objects zeigt die interessantesten Objekte eines Sternbildes an mit dem Namen, z.B. Crab nebula. Eine z.B. schon am Nachmittag erstellte Beobachtungstour kann abends automatisch abgefahren werden. Die Software kann auch ohne Montierung für Übungszwecke in einem Emulations-Mode gestartet werden. Abschließend bleibt zu sagen, daß die Software über so viele Funktionen verfügt, daß eine komplette Beschreibung den Rahmen dieses Berichts sprengen würde

Erfahrungen in der Praxis: Zur Referenzzierung des Fernrohres reicht bei einer parallaktisch aufgestellten Montierung eine 1-Punkt-Kalibrierung. Man stellt einen bekannten Stern manuell ein, klemmt die Achsen und teilt dies der Steuerung mit. Nun kennt die Steuerung die exakte Position des Fernrohres. In der Anzeige erscheint ein Auswahlmenü. Jetzt kann automatisch zu verschiedenen Objekten geschwenkt werden. Werden die Achsen gelöst, um das Fernrohr manuell über einen weiten Weg von Hand zu bewegen, so gehen die Achspositionen verloren und man muß eine neue Referenzzierung durchführen. Die ist aber aufgrund der hohen Positioniergeschwindigkeit von 5°/s praktisch nicht nötig. Die Feinbewegung mit den 4 Richtungstasten ist sehr feinfühlig. Selbst bei 400-facher Vergrößerung ist die Bewegung der Sterne weich. Es sind keine ruckartigen Bewegungen festzustellen. Die Sterne bewegen sich exakt auf dem Fadenkreuz sowohl in RA als auch in DE. Ein Ausweichen des Sternes konnte nicht festgestellt werden. Mit den Feinbewegungstasten können somit die Sterne bei Astroaufnahmen sehr genau auf dem Punkt gehalten werden. Nachführgenauigkeit: Die Genauigkeit der Nachführung wurde an Gamma CMi ermittelt. Da das Schneckenrad über 225 Zähne verfügt dauert eine Umdrehung der Schnecke knapp 7 min.

Mit Barlow-Linse und dem Baader Micro-Guide (167-fach) wurde der o.g. Stern 21 Minuten kontinuierlich beobachtet. Dies entspricht 3 Umdrehungen der Schnecke. Innerhalb dieses Zeitraums ist der Stern um max. 5 Bogensekunden von der Ausgangsposition abgewichen. Dies ist jedoch nicht nur der periodische Fehler der Schnecke, sondern der Summenfehler aus Periodenfehler der Schnecke, Teilungsfehler des Schneckenrades und der Fehler des am Motor angeflanschten Untersetzungsgetriebes. Da die Summe der Fehler nicht periodisch ist, können sie mit PEC nicht korrigiert werden. Mit PEC kann nur der periodische Anteil ausgeglichen werden (diese Aussage gilt für alle Montierungen, die über die sog. PEC-Funktion verfügen). Eine genaue Angabe mit eingeschaltetem PEC ist problematisch, da das Ergebnis von der Tagesform des Beobachters abhängig ist, nämlich wie genau die Lernkurve aufgenommen wurde. Ein periodisches Schwingen (Periodischer Fehler) konnte auch bei späteren Beobachtungen nie exakt festgestellt werden. Dies ist ein gutes Zeichen und spricht für die ausgezeichnete mechanische Verarbeitung dieser Montierung. Positioniergenauigkeit: Zur Ermittlung der Genauigkeit der automatischen Positionierung wurde Procyon (Alpha CMi) exakt auf die Mitte des Fadenkreuzes gebracht und dann zu Sirius (Alpha Cma) geschwenkt. Sirius stand in RA 0 (in Worten null) Bogensekunden westlich und in DE 60 Bogensekunden nördlich. Die Gesamtabweichung betrug damit 1 Bogenminute. Die Distanz der beiden Sterne beträgt 25° 42'. Anschließend wurde Sirius im Fadenkreuz zentriert und zu Regulus (Alpha Leo) geschwenkt Dabei hat das Fernohr um 180° umgeschlagen. Bei einer Distanz der beiden Sterne von 57° 49' betrug die Abweichung von Regulus in RA 120'' und in DE 50''. Dies entspricht einer Gesamtabweichung von 130'', also rund 2 Bogenminuten. Dies war auch der größte Fehler den ich mit dieser Montierung jemals gemessen habe. Bei einem Schwenk von Regulus zu Denebola (Beta Leo) stand Denebola in RA 10'' westlich und in DE 30'' nördlich. Der Gesamtfehler betrug also 31'' bei einer Stern-Distanz von 24° 37'. Beim Zurückschwenken von Denebola zu Regulus stand Regulus insgesamt 5" neben dem Fadenkreuzmittelpunkt. Diese Abweichungen setzen sich aus folgenden Fehlern zusammen: - nicht exakt rechtwinklige Ausrichtung zwischen Rektaszensions- und Deklinationsachse, - nicht exakt rechtwinklige Ausrichtung zwischen Deklinations-Achse und Fernrohrachse, - nicht exakte Polausrichtung der Montierung (dies ist auch gar nicht möglich [2]) und der - nur teilweise berücksichtigen Refraktion, die bei Objekten, die nur in geringer Höhe stehen beachtliche Werte annimmt [3].

Hinweis:

Die mechanische Fertigung der Montierung ist so präzise, daß sich ein Fehler in der Fernrohrausrichtung ( Parallelität der Optischen Achse zur Montageplatte) störend bemerkbar macht. Die Steuerung hat eine Funktion, mit der dieser Fehler festgestellt (und behoben) werden kann. Dieser Fehler tritt z.B. auf, wenn die beiden Rohrschellen nicht den gleichen Abstand zur Befestigungsplatte haben oder bei einem Spiegelsystem die opt. Achse nicht parallel zum Tubus verläuft. Vor allem beim Einsatz von CCD-Kameras ist ja das Bildfeld sehr klein. Die heute gängigen Kameras z.B. mit dem CCD-Chip KF0400 (Pictor 416, ST7) haben eine Fläche von 6,9x4,6 mm. Dies entspricht z. B. beim C8 mit zwei Metern Brennweite einem Gesichtsfeld von 11,9x7,9 Bogenminuten. Anhand der oben angeführten Messungen ist sichergestellt, daß beim automatischen Positionieren, das Objekt auf jeden Fall auf dem Chip ist. Wobei man hier natürlich nicht das Fernrohr umschlagen läßt, sondern die Fokussierung der Kamera an einem nahe gelegenen Stern durchführt.

Zusammenfassung:

Zur Zeit habe ich nur einen AS100/1000 auf der Montierung (ca. 10 kg). Hiermit ist die Belastungsgrenze der Montierung sicher noch lange nicht erreicht. Auch bei mäßigem Wind und Probtuberanzenbeobachtung bleibt die Sonne exakt hinter dem Kegel. Auch beim automatischen Schwenken bleibt die Montierung entgegen vieler anderer Montierungen einigermaßen leise [4], so daß man diesbezüglich sicher keine Probleme mit den Nachbarn bekommt. Natürlich gibt es auch ein paar Kritikpunkte. Die LED-Anzeige verfügt nur über 2 Helligkeitsstufen und bei der Sonnenbeobachtung muß man unter einem Tuch verschwinden um die Anzeige ablesen zu können.

Die automatische Positionierung funktioniert nur bei exakt eingenordeter Montierung. Einen Alt-Azimut -Betrieb wie z.B. beim Sky-Sensor habe ich hier vermisst. Das Einnorden mit der 2-Stern-Kalibrierung funktioniert nur sehr eingeschränkt. Bei manchen Sternen führt die Software-Routine zu keiner Konvergenz. Bei meiner Nachfrage bei Astrophysics wurde ich auf die nachfolgende Version, die im Jahr 2000 erscheinen soll, verwiesen. Dann soll es auch möglich seine Updates via Internet herunterzuladen. Die Gegengewichtsstange wird am DE-Gehäuse befestigt und nicht an der DE-Welle. Sie dreht sich also nicht mit. Es ist somit nicht möglich z.B. eine kleine Flat-Field-Camera als Gegengewicht zu verwenden. Insgesamt kann man hier aber von einer exzellent verarbeiteten und konstruktiv gelungenen Montierung sprechen. Hervorragend wird die Montierung, wenn die mir aufgefallenen Softwarebugs eliminiert sind. Als einziger Wehrmutstropfen bleibt dann noch der Preis (und inzwischen wohl auch die Lieferzeit). Nähere Info´s können entweder direkt bei Astrophysics unter www.astro-physics.com oder bei der Generalvertretung Baader Planetarium GmbH angefordert werden. Für Rückfragen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. Live erleben können Sie solche Montierungen z.B. auf der Astronomie-Messe AME.
[1]Paech, Wolfgang: Die neue transportable CNC-400 Montierung von Astro Physics, SuW10/1995
[2] Koch, Bernd: Handbuch für Sternfreunde, Sonderausgabe für den Astroshop 1995, Seite 188
[3] Koch, Bernd: Handbuch für Sternfreunde, Sonderausgabe für den Astroshop 1995, Seite 7
[4] Kammerer Andreas: Das 12"-LX200 von Meade, SuW 11/98

 

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