Nach einer schlaflosen Nacht sind wir ½ Sekunde nachdem der Wecker uns um 5.30 geweckt hat aus dem Bett gesprungen. Innerhalb von Minuten waren wir angezogen, alles runter getragen zum Beobachtungsstand. Siggi hat mit Hilfe des Polarsterns die Montierung ausgerichtet. Und wir waren nicht die Ersten!! Bereits um 3.00 Uhr hat ein Sternenfreund aus Immenstadt sein Equipment am Strand aufgebaut. Natürlich auch nicht alleine. Seine Freundin half ihm beim Tragen der vielen Gerätschaften. Seine Freundin hat er dann noch mal zum Schlafen ins Zimmer geschickt. Auch ich konnte meine, inzwischen nassen Schuhe und Strümpfe (vom feuchten Gras) im Zimmer ausziehen. Nach einer heißen Dusche und dem Fortschreiten des Tages, war inzwischen eine kurze Hose mein Favorit. Gut eingecremt ging es zurück zum Beobachtungsstand. Denn ich hatte ja auch meine Aufgaben bei der Sofi. Ich sollte versuchen die fliegenden Schatten kurz vor Eintritt der Totalität zu fotografieren. Dazu haben wir aus Deutschland ein weißes Leintuch und eine extra Kamera mitgebracht. Hoffentlich versau ich nichts! Ach ja, Freundinnen bzw. Partner der Sternenfreunde. Das muss ich doch mal sagen. Wir sind astronomisch zwar nicht so kenntnisreich, doch als Hilfspersonal durchaus zu gebrauchen und nützlich. Es gibt jede Menge Gründe vom Zimmer zum Beobachtungsplatz zu wandern, während der Hobbyastronom bereits am Ausrichten seines Teleskops beschäftigt ist und nicht mehr Rechts und Links sieht. Die Zeit rast, auch wenn wir das im Vergleich zum Sternenalter so nicht sehen und viele Urlauber auch nicht. Das Interesse der Hotelgäste teilt sich nicht nur an diesem Tag. Die Einen sind beschäftigt mit Vorbereitungen zur Sofi, die Anderen lassen sich nicht aus der Ruhe bringen beim Kampf um den besten Platz am Pool. So kämpft halt jeder um sein kleines privates Glück.

08.30 OEZ - Die nächsten Gäste begrüßen den Tag mit Joggen am Strand.

Ach ja, was machen wir. Natürlich frühstücken, denn so ein Sofi Tag wird lang. Aber selbstverständlich getrennt. Das Teleskop wird nicht unbeaufsichtigt im Rasen stehen gelassen. Der ersten Blicke durch das Teleskop lohnen sich jetzt schon. Wir sehen die Sonne mit den berühmten Sonnenflecken. Und die Venus als Sichel ist für mich ebenso ein sehr schönes Erlebnis. Doch wo Licht auch Schatten. Leider habe ich durch das Umstellen der Batterie alle Daten der Steuerung gelöscht! Siggi meint nun, somit haben wir den ganzen Tag die Sonne als Beobachtungsziel. Er versuchte zwar noch manuell die Venus zu finden – aber keine Chance. Da wir gerade bei den Vorbereitungen sind. Gestern haben wir uns in Side 2 Sonnenfinsternis T-Shirt gekauft. Auch in diesem Ort, wie in vielen Plätzen der Türkei sind die Vorbereitungen getroffen worden für das spektakuläre Ereignis. Pressedienst Reutter und ein türkischer Fernsehsender waren mit Interviews beschäftigt. Viele Gäste wollen die Sofi mit der tollen Kulisse der antiken Stätte fotografieren.

10.45 OEZ - Die Beobachter haben sich untereinander bekannt bemacht.

Franzosen werden auf englisch angesprochen, möchten aber lieber Deutsch reden, da sie in Donaueschingen wohnen. Eine Lehrerin aus einer Reisegruppe von Rumänien versucht einen Hund oder Katze einzufangen. Sie möchte das Verhalten von Tieren vor, während und nach der Sofi beobachten. Die allgemeine Nervosität fängt an bzw. geht weiter. Das Wetter optimal. 18° C, wolkenfrei. Inzwischen sind um uns herum jede Menge Teleskope, Fotostative aufgebaut. Dank dieser tollen Anlage hat jeder Platz genug. Die Atmosphäre sehr entspannt. Manch einer erwischt sogar noch einen kleinen Ablagetisch für die vielen Utensilien, die man halt so braucht und dabei hat. Alle Achtung auch vor unseren türkischen Gastgebern dieses Hotels. Sie lächeln uns immer noch freundlich an. Ihre Gedanken würde ich gerne kennen. Was die wohl über uns denken? Inzwischen werden sogar große Bodenkissen für die, nennen wir sie mal „normalen“ Touristen auf die Wiese gelegt. Wasser zum Trinken steht ebenso bereit wie Liegestühle. Ach ja, es gibt sie auch noch: Die etwas anderen Sonnenanbeter am Pool!

11.00 OEZ- Langsam steigt die Spannung.

2 Beobachter wollten ganz privat die Sofi beobachten. Etwas weiter weg in der Nähe eines Schilfs. Nur hatten sie das Ganze ohne Rücksicht auf die Wildenten geplant. Der Enterich hat ganz schnell gezeigt, dass es ihr Revier ist und fauchend und schnatternd die Eindringliche vertrieben. So langsam wird es Zeit, das Leintuch auszubreiten und mit Steinen zu beschweren.

12.30 OEZ Die Party geht dem Höhepunkt zu.

Kellner bringen gelben O-Saft. Die Windrichtung hat sich gedreht. Zwitschern die Vögel noch? Ich weiß es nicht. Ericka aus Rumänien hat den Hotelmanager angewiesen, ja kein Licht anzumachen. 19 ° C. In ca. 5 Minuten ist der 1. Kontakt!!

12.47 OEZ Der 1. Kontakt – Applaus

12.52 OEZ Der Wind wird stärker ( wir bekommen Käsehäppchen serviert)

13.10 OEZ - 1/3 der Sonne ist bedeckt.

Ich musste meinen Schatz eincremen. Er vergisst alles um sich herum. Er ist glücklich und ich bin stolz, dabei zu sein. Alles um mich herum ist voller Frieden, harmonisch und ruhig. Jeder wartet ruhig und auf seine eigene, persönliche Art auf die Totalität. Es ist eine Anspannung und doch wieder nicht.

13.20 OEZ

Es wird merklich kälter. Ich habe inzwischen eine Jacke angezogen. Mein Schatz will nichts trinken, damit er nicht womöglich dringend aufs Klo muss und etwas versäumen könnte. So langsam wird es dunkel. Wir haben gerade bei einem „Kollegen“ ein Sonnenprojektion auf mein T-Shirt gemacht. Bin gespannt wie die Bilder werden. Die Hälfte der Sonne ist weg. Eine schöne Sichel ist sichtbar.

DAS EREIGNIS:

Totalität – keine Aufschriebe möglich – beobachten, staunen. Resultat: Klasse, unbeschreiblich, keine passenden Worte dazu. Sonnenkorona, 2 Protuberanzen, die Freude, Tränen in den Augen. Temperaturabfall. Das Farbenspiel der Natur. Nur vergleichbar in etwa mit dem Herannahen eines Gewitters im Sommer. Es sind zu viele Eindrücke auf einmal. Man kann nicht alles wahrnehmen. Die Gedanken rasen durcheinander. Alles will man auf einmal aufsaugen. Was haben die Tiere gemacht, war es windstill, was denken die Menschen um mich herum, sind sie genauso andachtsvoll wie ich? Mir ist sehr kalt, ist es die äußere Kälte oder die Kälte wegen der Ehrfurcht vor der Natur? Oder alles zusammen? Es ist einfach unbeschreiblich.

14.18 OEZ- Es ist wie im Kino.

Der Film ist aus (hier die Totalitätsphase) und viele Leute verlassen schon den Raum, damit sie rechtzeitig zum Auto kommen. Und hier in Kizelot wird es unruhig. Dabei geht das Ereignis weiter. Der Mond gibt die Sonne Stückchen Weise frei. Inzwischen löst sich alles auf. Die meisten sind schon weg, gehen zum Alltag über. Einige wenige bleiben bis zum Schluss. Warten auf den 4. Kontakt. Ich liege auf der Sonnenliege, Schutzbrille auf und warte auf das letzte Ereignis. Aus der Richtung der Tennisanlage höre ich schon wieder das Aufprallen des Tennisballes. Das Leben hier geht weiter. Für viele war es nur eine kurze Unterbrechung des Urlaubsalltags. Welchen Stellenwert die Sofi für jeden Einzelnen hat – unglaublich. Es gibt immer noch sehr viele Menschen, die es auch im 21. Jahrhundert noch abstreiten würden, dass die Erde nicht mal eine Stecknadel im Universum ist. Sie sehen unsere Erde immer noch als großer Mittelpunkt von allem. Unverletzbar. Doch ich möchte nicht urteilen, denn auch die Ameisen unter meiner Liege sind wieder emsig am Arbeiten, als ob nichts geschehen wäre. Vermutlich ist es sogar etwas Großartiges von unserem Geist und von der Natur auch so gewünscht, dass wir einen Alltag brauchen, damit wir nicht verrückt oder wahnsinnig werden. Ich liege immer noch hier und genieße die Wärme der Sonne. So langsam taue ich auf. 14.50 OEZ Der Mond hält die Sonne noch mit 1/3 fest.

Heute gab es viele verschiedene Möglichkeiten, die Sonnenfinsternis zu beobachten. Hier bei uns in Kizilot hätten wir auf einem Fluss gehen, in das Taurus Gebirge fahren oder nach Side fahren können. Oder sogar einen ganz anderen Ort wählen können. Ägypten, Libyen. Für mich war dieser Ort, diese Hotelanlage das Beste was uns passieren konnte. Die Sonnenfinsternis ist vorbei – Es gab so vieles, was ich gesehen habe und so vieles was ich nicht gesehen habe. Das Universum ist angeblich unendlich – meine Aufnahmefähigkeit aber leider begrenzt.